HELMUT RAUCH

Physik

Geboren am 22. Jänner 1939 in Krems a. d. Donau, Bundesrealgymnasium in Oberschützen, Bgld. und dann Studium der Technischen Physik an der Technischen Universität Wien, wo er als einer der ersten Dissertanten des neuen Atominstituts der österreichischen Universitäten 1965 promovierte und sich 1970 für das Fach Neutronen- und Reaktorphysik habilitierte. Bereits 1972 wurde der erst 33-jährige als ordentlicher Professor für Experimentelle Kernphysik berufen.

Mit seiner Entwicklung der Neutroneninterferometrie gelang ihm 1974 auch erstmals der Nachweis, dass auch die im Vergleich zu Photonen und Elektronen viel massiveren Neutronen, den von den Nobelpreisträgern de Broglie und Schrödinger als Konsequenz der Quantentheorie postulierten Dualismus von Teilchen und Welle gehorchen.

Zehn Jahre später konnte er auch durch Experimente zum Energieaustausch zwischen Neutronen und Magnetfeldern am internationalen Institut Laue-Langevin in Grenoble beweisen, dass durch quantenphysikalische Messungen die Phasenbeziehungen von „Materiewellen“ nicht gestört werden. Mit diesen wichtigen Experimenten zu fundamentalen Fragen der Quantenphysik kann man Helmut Rauch zu Recht als Wegbereiter für die heute im internationalen Fokus stehende „österreichische" Forschung auf dem Gebiet der Quantenphysik bezeichnen.

Erst drei Jahrzehnte nach Rauchs Pioniertat gelang es einer Wiener Forschergruppe unter Anton Zeilinger, einem ehemaligen Schüler Helmut Rauchs, zu zeigen, dass der quantenphysikalische Welle-Teilchen-Dualismus sogar für massive Makromoleküle noch Gültigkeit hat.

Helmut Rauch hat neben seiner persönlichen Forschung auch wesentlich zum Gedeihen der österreichischen Wissenschaft gewirkt und ist einer der profiliertesten österreichischen Physiker der Nachkriegsgeneration und Doyen der Physik in Österreich. Helmut Rauch verstarb am 2. September 2019.


Publikationen (Auswahl)
"Neutron Interferometry", H. RAUCH, S.A. Werner, Oxford Univ. Press 2000 (1sted), 2015 (2nd ed.)
Test of a Single Crystal Neutron Interferometer , H. RAUCH, W. TREIMER, U. BONSE, Phys. Lett. 47A (1974) 369
Verification of Coherent Spinor Rotation of Fermions , H. RAUCH, A. ZEILINGER, G. BADUREK, A. WILFING, W. BAUSPIESS, U. BONSE, Phys. Lett. 54A (1975) 425
Neutron Interferometry Double-Resonance Experiment, G. BADUREK, H. RAUCH, D. TUPPINGER, Phys. Rev. A34 (1986) 2600
Ein Fundament der Quantenoptik mit massiven Teilchen, H. RAUCH, Physik Journal 3 (2004) Nr. 7, 39-45
Quantum contextuality in a single-neutron optical experiment, Y. HASEGAWA, R. LOIDL, G. BADUREK, M. BARON, H. RAUCH, Phys. Rev. Lett. 97 (2006) 230401-230404

Von 1985 bis 1990 als Vizepräsident und von 1991 bis 1994 als Präsident des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Von 1992 bis 2003 war er im Wissenschaftlichen Rat der Europäischen Spallationsquellen, von 1996 bis 1999 im Rat der European Science Foundation und seit 1999 in dem der European Neutron Association. Von 1972 bis 2005 war er Vorstand des Atominstituts der Österreichischen Universitäten. Im Rahmen seiner Möglichkeiten bemühte er sich um eine rationale Diskussion der Fragen rund um die Kernenergie.

Die Bedeutung von Helmut Rauch für die österreichische Wissenschaft im Allgemeinen und die Physik im Besonderen zeigt sich wohl am deutlichsten in der Liste seiner Schüler von internationaler Bedeutung, zu denen die Quantenphysiker Harald Weinfurter (München), Anton Zeilinger und Rauchs Nachfolger Jörg Schmiedmeyer, sowie der Pionier der Ultra-Kurzzeit LaserPhysik und Doyen der Halbleiter-Technolologie Deutschlands, Heinrich Kurz (TU Aachen), und der Träger der Max-Planck-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und vielzitierte Physiker Kurt Binder (Universität Mainz), gehören.

Preise: Erwin Schrödinger-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Ludwig-Wittgenstein-Preis der Österreichischen Forschungsgemeinschaft, Kardinal-Innitzer-Preis für sein Lebenswerk.

Zahlreiche Akademie-Mitgliedschaften