MANFRED BURGSTALLER

Rechtswissenschaft

Geboren am 13. September 1939 in Wels. Ausbildung zum Volksschullehrer in Linz, anschließend Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien mit Promotion zum Dr. iur. 1962. Anschließend Praxis an Zivil- und Strafgerichten in Wien. 1964 bis 1972 Assistent am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien, 1969 Habilitation aus Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Wien mit einer Arbeit über ein zentrales Problem („Aussetzung der Entscheidung“) des geschworenengerichtlichen Verfahrens. 1973 ao. Professor für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Wien. 1973 bis 1975 o. Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität Linz. Seit 1975 o. Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Wien, ab 2007 als Emeritus.

1984 bis 1997 Mitglied des Fachbeirats und des Kuratoriums des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg i.Br. (Deutschland). 1991 Gastprofessor an der School of Criminal Justice der Rutgers University, New Jersey (USA). 1994 korrespondierendes, seit 2001 wirkliches Mitglied der Österr. Akademie der Wissenschaften. Seit 1998 doctor et professor iuris honoris causa der Eötvös Loránd Universität Budapest.

Forschungsbereiche
Die Forschungstätigkeit von Manfred Burgstaller, die in vier Monographien und mehr als 150 Beiträgen zu Zeitschriften und Sammelwerken ihren Niederschlag gefunden hat, erstreckt sich auf den Gesamtbereich des Strafrechts und Strafprozessrechts sowie Teilbereiche der Kriminologie und der Kriminalpolitik. Forschungsschwerpunkt bildeten zunächst Grundfragen der sogenannten Strafrechtsdogmatik, wobei der Struktur des Verbrechensbegriffes und insbesondere des Rechtswidrigkeitsbegriffes besonderes Gewicht zukam. Dazu traten Untersuchungen zum Versuchsbegriff und zur Konzeption der Beteiligung an Straftaten. Am wirkungsmächtigsten aus diesem Forschungsbereich erwiesen sich Studien zum Fahrlässigkeitsdelikt, deren Ergebnisse sich nicht nur weitgehend im Schrifttum durchsetzten, sondern auch ganz überwiegend von der österreichischen Rechtsprechung übernommen wurden. Eine Untersuchung zum Ladendiebstahl und seiner privaten Bekämpfung erreichte mit der Kombination von strafrechtsdogmatischen, kriminologischen und kriminalpolitischen Ansätzen eine befriedigende Lösung eines praktisch drängenden Problems von Selbstjustiz ohne Eingreifen des Gesetzgebers. Der zweite Forschungsschwerpunkt von Manfred Burgstaller war der Sanktionierung von Straftaten gewidmet. Aus diesem Bereich stammen Studien zu Grundfragen der Straffestsetzung im Einzelfall sowie zur Erweiterung der strafrechtlichen Sanktionen durch vorbeugende Maßnahmen und durch die diversionelle Erledigung von Strafverfahren. Ebenfalls hieher gehören – gemeinsam mit dem Kriminologen Franz Császár durchgeführte – empirische Untersuchungen zu regionalen Disparitäten der Strafzumessung in Österreich, deren überraschende Ergebnisse zu intensiven Debatten innerhalb der Justiz und auch im Parlament führten. Zuletzt beschäftigte sich Burgstaller eingehend mit Organisation und Funktion der Staatsanwaltschaften, die seit 2008 – nach der überaus kontrovers aufgenommenen verfassungsrechtlichen Anerkennung der Staatsanwälte als Organe der „Gerichtsbarkeit“ – von einem neuen Ansatz aus zu diskutieren sind.

Außeruniversitäre Engagements
Manfred Burgstaller war und ist in der Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten engagiert, war Mitglied vieler strafrechtlicher Arbeitsgruppen der Bundesministerien für Justiz und für Inneres und oftmals als Experte im Justizausschuss des Nationalrats tätig. Er war auch langjähriges Mitglied der Ethikkommission der Medizinischen Universität Wien und des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. 1976 bis 2007 leitete er die als interdisziplinäres Diskussionsforum für alle Bereiche der Kriminalwissenschaften konzipierte Österr. Gesellschaft für Strafrecht und Kriminologie. 2009 wurde Burgstaller zum Rechtsschutzbeauftragten beim Bundesminister für Inneres bestellt und übt dieses Amt, in dessen Kontrollbereich auch das am 1. Juli 2016 in Kraft getretene Polizeiliche Staatsschutzgesetz fällt, bis heute aus. In den Jahren 2014 und 2015 war er zusätzlich Mitglied des vom Bundesminister für Justiz zur Kontrolle seiner Weisungen an die Staatsanwaltschaften eingesetzten „Weisenrats“.