Im Gespräch mit Dr. Heinz Fischer, Bundespräsident a.D. der Republik Österreich
Herr Bundespräsident, hat es heutzutage noch einen Sinn, Künstlern und Wissenschaftern Ehrenzeichen anzuheften? Gibt es doch sehr viele Möglichkeiten der Hervorhebung.
Als junger Abgeordneter hatte ich große Skepsis gegenüber Ehrenzeichen und Orden. Inzwischen habe ich viel dazugelernt. Man kann Bürgerinnen und Bürgern des Landes mit der Verleihung eines Ehrenzeichens erstaunlich große Freude machen. Wenn es anlässlich des Übertritts in den Ruhestand darum geht, zwischen einer Vorrückung und einem Ehrenzeichen zu wählen, dann fällt oft die Entscheidung für das Ehrenzeichen – als eine Anerkennung der Allgemeinheit und des Staates für besondere Leistungen. Und das gilt auch für Künstler und Wissenschafter. Da die Zahl dieser Auszeichnungen begrenzt ist, steigt ihr Wert: 18 Inländer und 18 Ausländer für die jeweilige Kurie, also in Summe 72 Personen und Ausgezeichnete auf der ganzen Welt.
Was sind die Hauptkriterien für die Verleihung?
Das Gesetz sagt, dass es um Personen des In- und Auslandes geht, die sich durch besondere schöpferische Leistungen in Wissenschaft und Kunst einen herausragenden Namen erworben haben. Dazu kommt, dass Mitglieder der Kurie Vorschläge machen können, worüber die Kurie abstimmt. Das heißt, eine Mehrheit muss überzeugt sein, dass die Kandidaten die genannten Voraussetzungen erfüllen. Dazu kommen ein einstimmiger Beschluss der Regierung und die Zustimmung des Bundespräsidenten. Diese Kombination aus inhaltlicher Beschreibung und hochrangiger Zustimmung ist eine Garantie für die Qualität dieses Ehrenzeichens.
Die Ausgezeichneten werden jedes Jahr von Ihnen in die Hofburg eingeladen, wo es auch zu einem regen Gedankenaustausch kommt. Mit dem Namen Kurie verbindet man mehr als nur eine Gruppe von Ehrenzeichen-Trägern. Was erwarten Sie sich von den Mitgliedern? Ratschläge? Öffentliche Äußerungen?
Die Kurien verkörpern eine ungeheure Meinungsvielfalt und das ist positiv. Es werden daher meistens Einzelpersonen tätig. Und das ist richtig so. Die Persönlichkeiten kommen aus ganz verschiedenen Gebieten und äußern sich auch immer wieder individuell aus ihrer Warte. Deshalb ist eine Gesamtstellungnahme der Kurie eher selten.
Es fällt auf, dass es in dieser Kurie nur wenige Frauen gibt. Sollte es mehr geben?
Darüber muss man sicher nachdenken. Es gibt sechs im Bereich der Kunst, in der Wissenschaft auf österreichischer Seite nur eine. Das spiegelt auch die Situation an den Universitäten wider. Beides sollte sich anders entwickeln.
Das Gespräch führte Gerfried Sperl.