“Die umgebende Welt genau wahrnehmen und mit Kunst gegen die kalte Würdelosigkeit aufbegehren.”
(Olga Neuwirth)
Geboren am 4. August 1968 in Graz. Studium in San Francisco am Conservatory of Music und Malerei und Film am Art College. Studium von 1987 bis 1993 an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien. Wesentliche Anregungen erhielt sie durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono. Mit 22 Jahren erlangte sie mit zwei Mini-Opern nach Texten von Elfriede Jelinek bei den Wiener Festwochen 1991 internationale Bekanntheit.
Das künstlerische Selbstverständnis von Olga Neuwirth bezieht seit jeher multiple ästhetische Erfahrungen aus Film, Literatur, Bildender Kunst, Naturwissenschaft und Alltagskultur ein. Sie zählt
zu den herausragenden Stimmen der Neuen Musik und zu den international profiliertesten Komponistinnen.
1998 wurde sie im Rahmen der Reihe „Next Generation“ bei den Salzburger Festspielen in zwei Porträtkonzerten vorgestellt. Im darauffolgenden Jahr kam ihr erstes abendfüllendes Musiktheater, „Bählamms Fest“ aus dem Jahr 1994 mit einem Libretto der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, ein „immersives Erlebnis mit elektronischem surround-sound“, bei den Wiener Festwochen zur Uraufführung. Weitere Durchbruchswerke Neuwirths sind die Video-Oper „Lost Highway“ (2003) nach David Lynchs gleichnamigen Film, „Kloing!“ (2008) mit wissenschaftlichen Erdbebendaten für computergesteuerten Bösendorfer-Flügel und Live Pianist sowie „Le Encantadas o le avventure nel mare delle meraviglie“ (2015) nach akustischen Daten der Chiesa San Lorenzo in Venedig und das Musiktheater „Orlando“ (2019) nach Virginia Woolf an der Wiener Staatsoper als erste Frau in der 150-jährigen Geschichte des Hauses.
Sie ist seit 2006 Mitglied der Akademie der Künste Berlin und seit 2013 Mitglied der Akademie der Künste München. Sie ist Gast auf Festivals und in Konzertsälen, wie u.a. Cité de la musique, Festival d’Automne Paris, Holland Festival, den Salzburger Festspielen, Wien Modern, Carnegie Hall NYC und Royal Albert Hall London. 2002 und 2016 war sie Composer in Residence beim Lucerne Festival und 2019 Fokus-Komponistin an der Elbphilharmonie Hamburg und bei den Berliner Festspielen. Neben ihrer Arbeit als Komponistin ist Olga Neuwirth auch als Film- und Performancekünstlerin tätig, so u.a. 2017 im Rahmen einer Kollaboration mit dem Architekten Peter Zumthor und dem NYer Architekturbüro Asymptote.
Aus Neuwirths vielfältigen Interessen heraus entstanden auch verschiedene Klanginstallationen, Ausstellungen, Theater- und Filmmusiken, die mit der Einladung zur documenta 12 in Kassel ihren Höhepunkt fanden.
Auszeichnungen (Auswahl)
2020 Robert Schumann-Preis für Dichtung und Musik
2019 Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
2017 Deutscher Musikautorenpreis
2010 Großer Österreichischer Staatspreis
2010 Louis Spohr Musikpreis
2009 South Bank Show Award
2008 Heidelberger Künstlerinnenpreis
2005 Preis der Stadt Wien
2000 Ernst-Krenek-Preis
1999 Hindemith-Preis
1999 Siemens-Förderpreis
Werke (Auswahl)
2020 Keyframes for a Hippogriffin (Uraufführung New York Philharmonics)
2019 Musiktheater Orlando (Uraufführung an der Wiener Staatsoper)
2015 Trurliade - Zone Zero für Schlagzeug solo und Orchester (Uraufführung beim Lucerne Festival, 2016)
2013 Masaot/Clocks Without Hands für Orchester (Uraufführung in der Kölner Philharmonie, 2015)
2014/2015 Eleanor Suite für Bluessängerin, drum-kit-player und Ensemble (Uraufführung bei den Salzburger Festspielen, 2015)
2014/2015 Encantadas o le avventure nel mare delle meraviglie für 6 im Raum verteilte Ensembles und (live) Elektronik (Uraufführung Donaueschingen, 2015)
2011 Kloing! and A songplay in 9 fits. Hommage à Klaus Nomi, (Uraufführung Opera Garnier)
2008-2010 The Outcast – Hommage an Hermann Melville (Uraufführung am Mannheimer Nationaltheater, 2012, in der revidierten Fassung im Wiener Konzerthaus, 2018)
2006-2011 American Lulu eine Neuinterpretation von Alban Berg’s Lulu (Uraufführung an der Komischen Oper Berlin, 2012)
2008 Das Vaterspiel, Musik zum Film von Michael Glawogger
2007 Kloing! Für Live Pianist, computergesteuertes Klavier und Live Film, (Uraufführung beim Kunstfest Weimar, 2008)
2007 "...miramondo multiplo…" Klanginstallation mit motion-capture-camera und Film (Texte: Hannah Arendt und Walter Benjamin) für die documenta 12, Kassel, 2007
2006 Trompetenkonzert „...miramondo multiplo...“, (Uraufführung bei den Salzburger Festspielen)
2006 Diagonal Symphonie, Musik zum Stummfilm von Viking Eggeling (Uraufführung Viennale, 2008)
2005 "…le temps désechanté... ou dialogue aux enfer " Klanginstallation mit Filmprojektion und motion-capture-camera
2002/2003 Lost Highway (Video Oper) nach David Lynchs gleichnamigem Film, Libretto Elfriede Jelinek und Olga Neuwirth (Uraufführung beim Steirischen Herbst, 2003)
1999 Clinamen/Nodus für Orchester (für Pierre Boulez und das London Symphony Orchester, Uraufführung in London, 2000)
1992/93-1997/98 Bählamms Fest (Musiktheater in 13 Bildern), Libretto: Elfriede Jelinek (Uraufführung bei den Wiener Festwochen, 1999)
Einige ihrer Werke sind auf den Labels Kairos und col legno erhältlich.
Bibliografie (Auswahl)
2016 Neuwirth, Olga: O Melville! Salzburg: Müry Salzmann
2008 Dress, Stefan (Hrsg.) Olga Neuwirth. Zwischen den Stühlen - A twilight-song auf der Suche nach dem fernen Klang. Salzburg: Anton Pustet Verlag
2003 Neuwirth, Olga: Blählamms Fest. Ein venezianisches Arbeitsjournal 1997-1999. Graz: Literaturverlag Droschl